Einmal quer durch Argentinien


Argentinien ist das achtgrößte Land der Erde. Meine Reise beginnt im Norden, in Salta. Ein völlig ungewohntes Bild strahlt mir entgegen. Ganze, verputzte, alte Häuser und monumentale Gebäude, anstatt der unzähligen Backsteinhäuser, die mir aus Ecuador und Peru bekannt sind. Schachbrettartige Anordnung der Blöcke. Richtige Straßen. Cafés. Riesige Supermärkte. Berge im Hintergrund. Eine spektakuläre Landschaft der Andengipfel. Weinberge. Kolonialzeitliche Bauten, das Cabildo (Rat-haus) und die Kathedrale. Salta, die Stadt der Sonne.

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Salta wurde im Jahre 1582 von dem spanischen Kommandanten Hernando de Lerma gegründet. Sie liegt am Fuße der zauberhaften Anden, in einem idyllischen Tal, auf etwa 1200m Höhe und ist die achtgrößte Stadt Argentiniens.
Am nächsten Morgen begebe ich mich zum Plaza 9 de Julio. Dem Hauptplatz in Salta. Die Blätter fallen von den Bäumen. Die Geschäfte stellen die aktuellen Winterkollektionen aus. Die Sonne flüchtet hinter Wolken. Es wird Winter. Winter in Argentinien.
An jeder Straßenecke steht ein Haus mit einer beeindruckenden Architektur. Der Platz ist gesäumt mit Bäumen und unzähligen Cafes. Mittendrin thront die prachtvolle Kathedrale, mit ihren beeindruckenden Türen, dem barocken Altar und der weinenden Jungfrau.
Gegen Nachmittag erkunde ich den Supermarkt, Carrefour. Die blaurote Schrift des Firmen-Emblems prangt über dem Eingang. Die Argentinier flitzen durch die Gänge und beladen die Einkaufswagen. Ich suche die typischen argentinischen Produkte und werde schnell fündig. Die “Dulce de leche” Creme. Den allseits bekannten Mate-Tee. Die argentinischen Chips. Der gute Wein.
In der Warteschlange wird mir klar, dass die Produkte wahrscheinlich abgelaufen sind, wenn ich endlich an der Reihe bin. Immer wieder läuft der Kassierer weg, um einen 2 Peso Schein (20 Cent) in zwei einzelne Münzen zu wechseln, um herausgeben zu können. Einmal Münzen, Kasse 3.
Dem nächsten Kunden gibt er anstatt dem Wechselgeld zwei Bonbons. Ich schaue verwundert, dann erklärt mir die freundliche Dame vor mir in der Warteschlange, dass kommt in Argentinien oft vor, wenn das Wechselgeld mal wieder aus ist. Verrückt. Aber ok. Ich mag Bonbons.
Gegen Nachmittag wage ich mich die mehr als 1000 Stufen hinauf, die versteckt hinter der Statur bei der Avenida Uruguay und Paseo Güemes liegen. Die Sonne scheint. Die Atmung wird schwer. Die Aussicht verzaubert. Ein Dutzend Schreine säumen den Weg. Dann bin ich oben. Auf dem San Bernando Gipfel. Vor mir erstreckt sich eine traumhafte Sicht über die Stadt und die umliegenden Täler.
Wenn man nicht fit genug ist, kann man auch die Seilbahnfahrt nehmen, die am San Martín Park seit 1988 zahlreiche Besucher hinauf transportiert.
Am Abend legt sich die tagsüber herrschende Hektik und wandelt sich, vor allem rund um den Plaza 9 de Julio, in eine gemütliche Flaniermeile. Zahlreiche Restaurants und Bars laden zum Abendessen ein. Es gibt Wein. Guten argentinischen Wein. Die Welt ist wieder bunt.

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Buenos Aires – das Paris von Südamerika

Am nächsten Tag fliege ich mit Aerolina Argentina nach Buenos Aires. In einem Artikel las ich einmal, man braucht ein Leben lang, um Buenos Aires zu entdecken, aber nur einen Moment, um verzaubert zu sein. Und genau das bin ich, als das Flugzeug aus den Wolken stürzt, in ein gigantisches Lichtermeer eintaucht und Kurs auf den Flughafen nimmt. Ich spüre die Aufregung und erlebe den Zauber, der Neuem innewohnt. Die unerfüllten Träume, die schrecklichen Nöte, die traurige Armut, der grenzenlose Luxus, die vielen Erinnerungen, die wilden Leidenschaften, sie alle vereinen sich in ihr. In Buenos Aires. Der wilden Extremen. Die große, kosmopolitische und gigantische Stadt ruht niemals. Sie vereint das Alte und das Neue, das Nostalgische und das Zeitgenössische zu einer atemberaubenden Architektur, als wäre sie einem Pariser Fotokalender entsprungen.
Meisterwerke von der Modernen bis zum Jugendstil prägen ihre verschiedenen Stadtteile – das Straßenleben von San Telmo, oder die historischen und kulturellen Sehenswürdigkeiten von Recoleta. Ich spüre die Leidenschaft, die die zwölf Millionen Menschen, “porteños”, wie die Bewohner von Buenos Aires genannt werden möchten, ausstrahlen.
Buenos Aires ist die Metropole, von der so viele träumen. Von der niemand müde wird zu erzählen. In der starke, fast schmerzhafte Kontraste dominieren. Hoch und Niedrig. Neu und Alt. Glamour und Gosse. Dekor und Schmucklosigkeit. Grau und Farbenfreude. Erotik und Romantik. Noble Villen reihen an kühlen Bürotürmen. Riesige Parks mit uralten Bäumen thronen zwischen sechsspurigen Straßen. Kunst versucht sich neu zu kreieren. Buenos Aires, Traum und Verderben.
Das Flugzeug ist gelandet und ich rase in einem der gelb schwarzen Taxis durch die dunkle Nacht. Mein Hotel befindet sich in einer der unzähligen Gassen in San Telmo, wo sich die Wilde im 17. Jahrhundert, aus jenem “Fluss von Schläfrigkeit und Schlamm”, dem Río de la Plata, erhob, der zuerst die Schiffe der Spanier anspülte, die sie nach der Schutzpatronin der Seefahrer, Heilige Maria des Guten Windes benannten und später die der Einwanderer aus aller Welt.
Hier bot sie dem Adel ein Zuhause, bis die verheerende Gelbfieber-Epidemie im Jahr 1871 ihn in die nördlicheren Stadtteile trieb und die zu Massen ins Land strömenden Immigranten die leer stehenden Familienresidenzen zu “normalen” Häusern umbauten. Hier blühte zur selben Zeit in vielen Hinterhofkneipen der Tango auf und erzählte von den Zuständen, von Liebe, Leidenschaft und Lust. Hier lebte die legendäre, aus ärmlichen Verhältnissen stammende, spätere Präsidentengattin Eva Perón, die sich durch ihr soziales Engagement in die Herzen der Argentinier spielte.
Hier verzaubert heutzutage ein farbenprächtiger Boheme-Stadtbezirk, mit einer atemberaubenden kolonialen Architektur die Besucher und versetzt sie zurück in die zwanziger Jahre, die man aus alten Filmen zu kennen glaubt. Unzählige enge Gassen sind mit Kopfsteinpflaster versehen, mit zahlreichen Cafés und alten, wunderschönen Häusern, mit Stuckfassaden, Erkern und sonnendurchfluteten Patios.
Hier liegt nur einen Steinwurf entfernt, der Plaza de Mayo, der Präsidentenpalast, der wunderschön und umrandet von der Catedral, dem alten Rathaus (Cabildo) und dem Casa Rosada ist.
Hier startete 1810 die Revolution, die Argentinien von Spanien befreite. Von hier aus hielt die vergötterte Eva Peron ihre Reden, vor zehntausenden Bürgern. Hier mischte Präsident Sarmiento als
Zeichen des Kompromisses, im Jahre 1873, die Farben der beiden tief verfeindeten politischen Lager –
Rot und Weiss – zusammen und strich das Gebäude rosa an. Seitdem ist es ein Symbol für die Einheit
Argentiniens. Proteste. Reden. Demonstrationen. Auf dem Platz vor dem Regierungsgebäude ist immer etwas los. Mehr als einmal entschied sich hier das Schicksal der ganzen Nation. Mehr als einmal
hielten vom Balkon des Präsidentenpalastes Staatsoberhäupter euphorische Reden. Mehr als einmal
wurde hier protestiert. Der Platz mit den schönen Blumenbeeten und Palmen ist ein Symbol für
Demokratie, Gerechtigkeit und Freiheit.
Am nächsten Morgen mache ich mich auf, das Stadtteil Palermo zu erkunden, die Heimat des berühmtesten Schriftstellers von Argentinien: Jorge Luis Borges. Behütet wuchs er in einem Haus mit Garten auf – während draußen das Gesetz des Messers galt. Die Gassen waren von einfachen Leuten überflutet. Ochsenkarren polterten über das Kopfsteinpflaster. Finstere Gestalten mit Narbengesichtern trieben sich in Schenken herum und lungerten in dunklen Hauseingängen. Das damals getragene Gewand hat sich heute in ungewöhnliche Kunstwerke, die an Hausfassaden thronen, in unaussprechliche Straßennamen, in Mustern, dass die Schatten der Bäume auf den Asphalt malen und in Hundeausführern, die mit einem zehnköpfigen Rudel an der Leine (vom Pudel bis zum Labrador) die Straßen entlangeilen, gewandelt. Designer-Geschäfte und Boutiquen reihen an zahllosen Cafés und Restaurants, die ihre Bestuhlung auf den Gehwegen und rund um die Straßenkreuzungen aufstellen.
Gegen Abend wenn die Dunkelheit sich über Buenos Aires legt und die unzähligen Lichter erstrahlen, erfordert das vibrierende Nachtleben Durchhaltevermögen.
Wie verzaubert schlendert man durch die Straßen, die mit schicken Cafe’s, Bars und Restaurants übersät sind. Man flaniert mit unzähligen anderen, in Lokalen oder Parillas, den typischen
Steakhäusern, wo es Fleisch in allen möglichen Varianten auf einem riesigen Holzkohlegrill gegrillt
gibt, dem Paradies für Fleischliebhaber, dem Grauen für Vegetarier, bis Mitternacht, um dann in
angesagte Klubs, oder in eine Milonga zu gehen, wie die Tangolokale hier heissen. Man tanzt bis drei
Uhr morgens, trinkt nur mässige Mengen an Alkohol, denn betrunken sind die Argentinier nur selten,
nimmt ein zeitiges Frühstück, ein wenig Schlaf, und stürzt sich in den nächsten Tag.

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Mendoza – das Weinparadies

Mendoza ist die Hauptweinbauregion Argentiniens, seitdem im Jahre 1885 die Eisenbahn-Strecke, die Region mit der Hauptstadt Buenos Aires verband. Es begann mit einigen Kellerein und entwickelte sich im Laufe der Jahre in 2000 Bodegas, die fast 75% der Weinproduktion des Landes ausmachen. Seit 2005 ist sie eine der großen Weinhochburgen der Welt. Was aber bei der Vielzahl an spanischen und italienischen Einwanderern nicht verwunderlich ist.
Die Region Mendoza, Mendoza ist auch die Hauptstadt der gleichnamigen Provinz, wird in fünf Bereiche untergliedert, die sich wegen des trockenen Klimas für den Weinbau eignen, die durch die Nähe zu Flüssen aus den Anden bewässert werden. Mendoza liefert eine breite Palette an unterschiedlichen Weinen, in jeder Geschmacksrichtung und Preisklasse.
Es gab Zeiten, da tranken die Argentinier so viel Wein, dass kaum etwas zum Exportieren übrig blieb. Heute gibt es Wein aus Argentinien, der nur im eigenen Land getrunken wird und eine große Anzahl argentinischer Weine, die ins Ausland geliefert werden.
Auf dem heimischen Markt dominieren immer noch viele argentinische Weine aus italienischen Rebsorten wie Bonarda, Barbera und Sangiovese und spanischen Rebsorten wie Tempranillo. Hingegen sind die französischen Rebsorten Cabernet Sauvignon, Merlot, Syrah, Pinot Noir und vor allem Malbec beim Export vorherrschend. Die Malbec Traube ist weiterhin Argentiniens unangefochtene Nummer eins. Sie ist einfach Weltklasse und nimmt mit 32% der Rebfläche den Löwenanteil ein. Die vollen, dichten Malbecs sind süss mit würzigen Beerenaromen und milder Säure, die viele Weinliebhaber überzeugen.

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San Carlos de Bariloche – das Schokoladenparadies

Von Mendoza fahre ich weiter mit dem Bus nach Bariloche, der „Hauptstadt“ der Seenregion in Nordpatagonien. Malerisch liegt es am Nahuel Huapi See, der umrundet von den Anden ist. Ein klei-ner Ort. Ein großes Schokoladenparadies. In der ganzen Stadt gibt es unzählige Schokoladengeschäfte mit Schokolade, Trüffel und Keksen im Angebot. Neben der Schokolade, sprengt das Eis alle Erwartungen. Vor Jahren wanderten Scharen von Italienern nach Argentinien aus, und perfektion-ierten ihre kulinarischen Fähigkeiten. So bieten Eisläden Schokoladeneis in 8 verschiedenen Sorten und mind. 25 andere Sorten an, und eine schmeckt besser, als die andere.
Am nächsten Tag schaue ich mir die Stadt an. Sie ist geprägt von vielen Cafes, einer Uferpromenade, die zum Träumen einlädt und einer schönen Kathedrale. In einem Laden kaufe ich mir das berühmte Teeservice. Eine faustgroße Kalabasse (mate), einen Mate-Tee (yerba mate), ein silbernes, 20cm-langes Saugrohr (bombilla) mit einem kleinen Sieb am unteren Ende und eine Thermoskannne. Nun kann ich das Nationalgetränk aus dem ausgehöhlten und kunstvoll verzierten Kürbissen zu mir nehmen. Es zählt als argentinische Tradition und ist mehr, als nur ein Aufguss aus den unfermentierten Blättern des Matestrauches zu trinken. Mate trinkt man nicht allein. Mate teilt man. So haben viele Argentinier immer die nötigen Utensilien dabei, um einen Tee zu brauen.

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In einem der Schokoladengeschäfte wechsele ich meine Dollar in argentinische Pesos. Bereits in Peru hatte ich von dem Schwarzmarkt in Argentinien gehört, der für Dollar und Euro deutlich bessere Kurse liefert, als ein offizieller Umtausch bei einer Bank bzw. das Abheben von argentinischen Pesos am Geldautomaten.
Wechselt man 100 USD zum offiziellen Kurs, erhält man 1.000 AR$. Wechselt man 100 USD dagegen auf dem Schwarzmarkt, erhält man ca 1.452 AR$, also fast $500 (ca 50%) mehr.
Der Schwarzmarkt ist auch leicht zu finden und nicht wie mir in den Sinn kam, irgendwo im Untergrund verborgen. Tatsächlich sind es Argentinier, die auf der Straße “Cambio, Cambio” brüllen und Interessenten dann in eine sogenannte ‘Cueva’ (Höhle) führen, was meist ein Laden oder kleines Büro ist, wo dann in aller Ruhe das Geld gewechselt wird. Hier in Bariloche ist es ein Schokoladenparadies, mit einem Hinterzimmer.

Die legendäre Ruta 40 in Patagonien

Patagonien ist das Land des Windes. Er weht immer und meistens stark. Patagonien ist ebenso das Land der Gauchos. Mit ihrem breiten Lederhut, zu Pferde und mit zwei bis drei flinken Hunden, die auf kurze Pfiffe Befehle ausführen und die Herdentiere dicht zusammenhalten, kontrollieren sie die kilometerlangen Zäune und treiben Schafe und Rinder zusammen. Sie gehören zu den 10.000 Hektar großen Farmen, den Estancias, in Patagonien. Die Estancias haben liebevoll gewählte Namen wie ‚La Christina‘, ‚Alice‘ oder ‚El Deseado‘. Vor etwas längerer Zeit waren die Farmen ausschließlich landwirtschaftliche Produktionsstädten, bis sie sich in luxuriöse Übernachtungsmöglichkeiten mit einer Reihe vielseitiger Freizeitaktivitäten wandelten und nun den zahlreich ins Land strömenden Touristen zur Verfügung stehen.
Patagonien hat eine wilde Geschichte hinter sich. Alles begann mit dem spanischen König Karl V, der eine Passage von Europa zu den Gewürzinseln, den Phillipinen und Indonesien suchte und zu weit im Süden unterwegs, die Magellanstraße fand. Es folgte die Ausrottung der einheimischen Indianer, durch die Besiedlung der weißen Abenteurer. Ein dunkles Kapitel der Geschichte. Wie auch das unmenschliche Faustrecht der Großgrundbesitzer. Anfang der 20er Jahre sorgte das Militär dafür, dass die oftmals englischen Kapitalisten, welche sich damals das Land unter den Nagel rissen, keine fairen Löhne bezahlen mussten. Patagonien wurde dominiert von den Großgrundbesitzern, die den Reichtum schufen, der Argentinien aufsteigen ließ, in die Riege der reichsten Nationen in dieser Zeit. Sie beuteten die armen Landarbeiter aus aller Herren Länder aus, während sich ihr Reichtum mehr und mehr vergrößerte. Die daraus resultierenden patagonischen Streiks wurden brutal niedergeschlagen und mit Massenerschießungen im Keim erstickt.
Um das Jahr 1920 herum gab es sehr bewegte Zeiten in der Pampa, so unrühmlich, dass manche Generäle am liebsten diese Epoche hätten ausradieren wollen.
Dann folgte der bis heute unvergessene Krieg um die Falkland/Malvinas Inseln, der hauptsächlich von den Küsten Patagoniens ausgeführt wurde, für Argentinien seine unübersehbaren Spuren hinterließ und bis heute in der argentinischen Seele schmerzt.
All diese Gedanken durchströmen mich auf der knapp 2.000 Kilometer langen Busfahrt von San Carlos de Bariloche nach El Calafate. Die legendäre Ruta 40, führt durch trockenes patagonisches Pampaland. Durch eine Landschaft die sich praktisch nicht ändert und immer dieselbe karge, weitgehend topfebene, Einöde bleibt.

El Calafate – Glacier Moreno

Der kleine Ort El Calafate mit vielen netten Restaurants, Cafes und Läden, die viele argentinische Handwerksprodukte verkaufen, ist Ausgangspunkt für den bekannten Perito- Moreno-Gletscher im Nationalpark Los Glaciares. Der weltweit einzige Gletscher, der wächst, anstatt von Jahr zu Jahr zu schrumpfen.
Der Nationalpark ist mit wunderbar angelegten Wegen versehen, die direkt am Eis entlangführen. Ein weißer Riese, der sich weit über 5 km erstreckt und 60m über dem Wasser ragt.
Vor ein paar tausend Jahren bedeckten massive Gletscher riesige Flächen des Landes, was heute der Nationalpark Los Glaciares ist. Die Massen aus Eis bewegten sich vorwärts, prägten die Landschaft und formten ganze Täler. Dann änderte sich das Klima und wurde wärmer. Das Eis zog sich zu den Bergen zurück, wo es auch noch heute zu finden ist.
Es ist ein einmaliges Erlebnis diesen Gletscher zu beobachten, besonders wenn das Wetter passt, so wie an diesem Tag mit strahlend blauem Himmel, mit Sonneneinstrahlungen, die dieser mehreren Kilometer langen Eis- Wand einen satten hellblauen Ton verleihen und es zu einem besonderen Erlebnis machen.
Man ist versucht, die zerklüfteten blauen Eismassen, das donnernde Kalben des Gletschers und die ehrfurchtgebietende sechzig Meter hohe Abbruchkante zu beschreiben, aber das funktioniert nicht. Das muss man gesehen haben.

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El Chalten – wild geformte Berge des Fitz Roy

Der Parque National los Glaciares‘ in Argentiniens südlichen Anden besteht aus zwei Teilen: Dem südlichen mit den imposanten Gletschern und dem nördlichen um das Fitz Roy Granitmassiv mit Wanderwegen. So geht es von El Calfate nach El Chalten, um das bekannte Fitz Roy Bergmassiv zu bewundern.
Der kleine Ort El Chaltén bezeichnet sich selbst am Ortseingangsschild als ‚Nationales Zentrum zum Wandern‘. Von hier aus starten die Wanderwege, die weit hinauf und dicht heran an die Granittürme des Fitz Roy Massivs führen.

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El Chaltén wurde erst 1985 gegründet, um Argentiniens Anspruch auf das etwa 3.400 Meter hohe Fitz Roy Massiv gegenüber Chile zu demonstrieren. Der Grenzverlauf um den Fitz Roy ist zwischen beiden Nachbarländern nicht wirklich vertraglich geregelt, sondern nur auf eine später zu erfolgende Verhandlungsrunde verschoben worden.
El Chaltén ist ein sehr anmutiges kleines Touristenstädtchen, mit vielen jungen Leuten, die Hotels, Restaurants und Cafes leiten und das, um die Bergstruktur nicht zu zerstören, nicht weiter ausgebaut werden darf. So hält die Infrastruktur des Ortes nicht immer mit dem rasanten Wachstum Schritt: Manchmal wird der Strom für unbestimmte Zeit abgeschaltet, und man ist froh, ein langsames Internet zur Verfügung zu haben. Handynetze sucht man mit den mobilen Telefonen vergebens. Herausforderungen für die Ortsverwaltung muß es auch für die Zukunft noch geben.

Ushuaia – das Ende der Welt

Ich verlasse El Chaltén und die imposanten, von Gletschern wild geformten Berge des Fitz Roy Mas-sivs und möchte nach Ushuaia weiterfliegen. Aber der Flug wurde aufgrund des Wetters gestrichen. Der Wind ist zu stark. Der Schnee zu heftig. Bleibt nur der Bus mit anschliessender Fährenüberquer-ung.
Der Bus fährt ostwärts von der Bergkette der Anden, und die Landschaft wechselt von sanft hügelig zu flachen Land. Kilometerlange Zäune verlaufen parallel zu der asphaltierten Straße um die Weidegebiete. Sie manifestieren die Eigentumsverhältnisse und sind nur durch die Abzweigungen zu den weit entfernt liegenden Estancias unterbrochen.
Hier und da sieht man eine Horde Alpacas, eine Art Lama, grasen, die bei unserem Motorengeräusch aufgeschreckt wachsam schauen. Als wir näher kommen, springen sie über den Zaun und sprinten davon. Wir fahren weiter und sehen die Kadaber von toten Füchsen und Alpacas über den Zäunen hängen. Die Farmer erschießen die Tiere, weil die Füchse die Schafe reißen und die Alpaca ihnen das Gras wegfressen. Sie rotten die Pumas aus, die noch vor Jahren zahlreich vorhanden waren und jetzt nur noch wenige sind.
Unterwegs passieren wir Polizeikontrollen. Manchmal winken die Polizisten den Bus durch, manchmal kontrollieren sie die Pässe, fragen wo man herkommt, wo man hinfährt und nach der Nationalität.
Dann passieren wir die Stadt Rio Grande und fahren auf der letzten aller Straßen in Südamerika. Die Landschaft wechselt von trocken arktischem Grasland zu Buschland und Wald. Die flache Ebene geht über in Berge. Es wird kälter.
Wir fahren weiter und reisen im Transit in Chile ein. Als EU-Europäer an ein stempelfreies Reisen zwischen europäischen Nachbarstaaten gewöhnt, muss man hier aus Argentinien ausreisen und in Chile wieder einreisen. Zudem darf man bestimmte Lebensmittel wie argentinische Gurken, Äpfel, Zitronen und rohe Eier nicht in Chile einführen. Chile ist eben Chile. Die Chilenen sind viel zurückhaltender als ihre Nachbarn aus der Gaucho-Republik im Osten und haben viel mehr Regeln. Manche munkeln sogar: Die Chilenen sind die Deutschen Südamerikas.
Dann passieren wir die Magellanstraße an ihrer schmalsten, östlichen vier Kilometer breiten Stelle mit dem Schiff, fahren 150 Kilometer über chilenisches Staatsgebiet auf Feuerland und reisen letztlich bei San Sebastian in Argentinien wieder ein.
In dem riesigen Land Argentinien sind fast alle Klimazonen der Erde vertreten, von tropischen im Nordosten bis zu arktischen im äußersten Süden. Ich empfinde – abgesehen von einem Regentag – das Klima als durchaus angenehm. In Buenos Aires hatte ich etwa 20°, in Bariloche nur noch 10°, und hier im Feuerland sinkt die Temperatur auf -5° am Tage.
Und dann bin ich da. In Ushuaia, das Ende der Welt -„Fin del Mundo“ wie man hier in Argentinien sagt. Ushuaia ist die südlichste Stadt Argentiniens und die Hauptstadt Feuerlands. Ein kleines Städtchen, das wohl ausschließlich vom Tourismus und dem geförderten Rohöl lebt.
Von hier aus sind es etwa 1,000 km bis in die Antarktis. Ich finde es beindruckend am südlichsten Zipfel der Erde zu sein, welches sich unter anderem durch den Stand der Sonne bemerkbar macht, die mitten im Juni, im Winter nicht sehr lange scheint. Nicht vor 10:00 Uhr aufgehend, sinkt sie bereits um 17:00 Uhr wieder. So ist es nur 7 Stunden hell.
Am nächsten Tag buche ich einen Ausflug auf dem Beagle Kanal. Die Bootstour führt zur Insel Lobos, wo ich einige Seelöwen und unzählige Vögel beobachtete, und weiter zum bekannten Leuchtturm “Faro del Fin del Mundo”.

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“Fazit: Argentinien ist einfach zum Verlieben! Die landschaftliche Vielfalt, die offene und gastfreundliche Art der Argentinier, der gute Wein, das leckere Eis und der leidenschaftliche Tango.
Der Argentinier ist freundlich, extrem begeisterungsfähig und immer offen. Er empfängt einen überschwenglich, mit einem Redeschwall, von dem man vielleicht nichts versteht, von dem man aber weiß, dass es nett gemeint ist. Der Argentinier heißt einen willkommen. Und schon ist man angekommen.

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